Als der Teufel nach Devon kam / When the Devil came to Devon
(see Englisch Version below)
Zu Beginn des Jahres 1855 bäumte sich der Winter noch einmal ungewöhnlich heftig über dem Südwesten Englands auf. Sturm und Eiseskälte fegten über das Land und hüllten es in ein weißes Leichentuch.
Nachdem daher die guten Leute von Devon ihr Vieh sicher in die Ställe getrieben hatten, verbarrikadierten auch sie sich selbst in der warmen Behaglichkeit ihrer Häuser und hofften, dass die Unbilden der Natur möglichst rasch und gütlich an ihnen vorüberziehen würden.
Als sie jedoch am Morgen des neunten Februars wieder vor ihre Tür traten, mussten sie feststellen, dass in dieser Nacht noch etwas anderes als die Macht des Winters ihre Städte und Dörfer heimgesucht hatte. Etwas weit unheimlicheres und Rätselhafteres.
Merkwürdige Spuren durchzogen die Grafschaft in langen Reihen. Irgendjemand – oder irgendetwas – war über eine Strecke von gut hundert Meilen schnurgerade durch den Schnee geschritten, hatte dabei offensichtlich eine unmögliche Geschwindigkeit an den Tag gelegt und nur hie und da in seinem Lauf die Richtung gewechselt.
Es waren die Abdrücke runder, offenbar gespaltener Hufe, in der Größe etwa den Spuren eines Esels entsprechend.
Aufgrund der Länge und des Schrittmusters jedoch kamen die verwunderten Betrachter schnell zu dem unbehaglichen Schluss, dass das, was auch immer hier entlanggestapft war, aufrecht und auf zwei Beinen unterwegs gewesen sein musste.
Zudem schien nichts vermocht zu haben, den Lauf des nächtlichen Wanderers zu hindern.
Endete die Spur vor einer Hauswand, so lief sie über das Dach hinweg und an der gegenüberliegenden Seite des Gebäudes unbeirrt und geradlinig fort. Mauern waren ebenso wenig ein Hindernis, wie Heuschober. Nicht einmal die Exe vermochte dem Unheimlichen Einhalt zu gebieten, denn als sich die Abdrücke an einem Ufer des Flusses verloren, setzten sie sich am gegenüberliegenden beharrlich fort. Sogar durch ein enges Regenrohr schien sich der ungebetene Gast auf irgendeine widernatürliche Art und Weise gezwängt zu haben
Die Spekulationen, wer oder was diese Fährte hinterlassen haben könnte, schossen schnell ins Kraut und es dauerte nicht lang, da hieß es bereits, Satan selbst sei in dieser Nacht nach Devon gekommen und habe seine gespaltenen Hufabdrücke hinterlassen, den Sterblichen zu Spott und Hohn.
Nicht nur das abergläubische Landvolk wurde von Furcht und Schrecken ergriffen, auch in den Zeitungen des fernen Londons berichtete und debattierte man über die ‚Teufelsspuren‘.
Sogar ein bewaffneter Trupp formierte sich, um dem dämonischen Besucher ein für alle mal heimzuleuchten.
Diese Bemühungen waren allerdings von keinem nennenswerten Erfolg gekrönt, wie kaum betont werden muss.
Rationalere Geister bemühten hingegen die heimische Fauna zur Erklärung. Unter anderem wurden Dachse als Urheber verdächtigt, aber auch Kröten, Vögel und Otter. Sogar ein, aus einer unbekannten Menagerie entsprungenes Känguru vermutete man und später wurde gar über frühe Versuche der Marine mit einem Wetterballon gemunkelt, welcher sich losgerissen hätte. Doch wirklich zufriedenstellen konnte keine dieser Erklärungen.
Zudem nutzten wohl missgünstige Puritaner in den folgenden Nächten die Aufregung, um gefälschte Spuren in den Kirchhöfen jener Gemeinden zu legen, die sich der Oxfordbewegung zugewandt zeigten, um deren Bestrebungen, die anglikanische Kirche in einem mehr katholischen Sinne zu reformieren, als Teufelswerk zu diskreditieren.
Was auch immer Meile um Meile in dieser Nacht durch die Grafschaft geschritten war, es gelang ihm, sich bis heute jeder Identifikation zu entziehen.
Stattdessen gingen die Fußspuren des Teufels in die lokale Folklore ein und hinterließen auf diesem Wege einen Abdruck in der kulturellen Landschaft Devons, welcher die Schneeschmelze des Jahres 1855 um ein Vielfaches überdauern sollte.
***
In the early days of the year 1855 an unusually hard winter reared up over the southwest of England. Snowstorms and freezing cold raged over the land and swathed it in a white shroud.
So, after they had driven their cattle to its safe stables, the good people of Devon barred themselves in the warm comfort of their homesteads and hoped the wrath of nature might pass them soon and unscathed.
But when they looked out of their doors at first light of the ninth of February, the countryfolk had to realise that something else than just the might of winter had bedevilled their towns and villages this night. Something far more eerie and mysterious.
Strange footprints paved the County in long lines. Somebody – or something – had made its way for an amount of 100 miles dead straight through the virgin snow, moving at an impossible speed and with just a few changes of direction.
This was a trail of round, seemingly cloven hooves, corresponding in size to a donkey’s imprints.
Regarding length and pattern of the track the bewildered spectators had to come to the discomforting conclusion though, that whatever had stomped these grounds must have had done so upright and on two legs.
What’s more, nothing appeared to have been able to hinder the path of the nocturnal wanderer.
Did the prints run into the side of a house they crossed the snow-covered roof and went unflinchingly on at the opposite side of the building. Walls meant no obstacles nor did haystacks. And even the Exe could not bring the uncanny to a halt, because where the hoofprints disappeared on the riverbank they continued at yonder shore. The uninvited guest even seemed to have squeezed himself through a drainpipe in some unnatural fashion.
Speculations who or what could have left these tracks ran rampant and word spread soon, Satan himself had come to Devon this night and left his cloven marks to mock the frightened mortals.
Not only superstitious countryfolk was taken by shock and fear; also the newspapers of far away London published and debated on the ‚Devil’s Footprints‘. Even an armoured party set out to tell the demonic traveller off once and for all. It goes without saying that this effort wasn’t crowned with any significant success.
More level headed minds suggested zoological explanations. Badgers got under suspicion as perpetrators as well as toads, birds and otters. Even a kangaroo was assumed to have broken free from some unknown menagerie and later an early kind of naval weather balloon, that got loose became a suspect, too. But none of these explanations could really hold water in the end.
The case got even more dubious when begrudged Puritans used the commotion and themselves faked hoofprints in the churchyards of parishes affiliated with the Oxford Movement, intending to discredit as deviltry their efforts to reform the Anglican Church in a more Catholic way.
Whatever walked mile after mile through the county that night, evades a final identification until today.
Instead the Devil’s Footprints went down in local folklore and thus left an imprint in Devon’s cultural landscape that outlived the thaw of 1855 many times over.

ad comitatum
‚Rätselhafte Wirklichkeiten – Aus den Archiven des Unerklärlichen‘
Victor Farkas, Heyne, 2. Auflage, 2002