DEAE & DAEMONIAE MUNDI V

(see English version below)

Wenn man in Schottlands einsamer Wildnis einer uralten Vettel begegnet, die einen mit vorstehenden Zähnen unverhohlen angrinst, während sie an einem Gewässer blutige Totenhemden wäscht, dann sollte man sich auf dräuendes Unheil gefasst machen. Denn offenbar hat man gerade die Bean-Nighe getroffen, die Todesfee (ban-sìth) der gälischen Überlieferung.
Und das bedeutet, dass die Sense des grimmen Schnitters bereits über dem Clan des unglücklichen Zeugen schwebt.

Die irische Banshee (bean sídhe) ist ihre Gevatterin, doch im Gegensatz zu jener sucht die Bean-Nighe die Sippe des Todgeweihten nicht mit klagenden Schreien heim, auch wenn man sie bisweilen ihr Werk mit einem schaurigen Totenlied begleiten hört.
Ungeniert erscheint sie dem Betrachter als groteske, missgestaltete Wäscherin mit nur einem Nasenloch, deren Erscheinung in den einzelnen Regionen Albas und auf den vorgelagerten Inseln bisweilen leicht variiert.

Man sagt, bei diesen Todesbotinnen handle es sich um die Geister jener Frauen, die im Kindbett starben und auch eine Ähnlichkeit zur Langtüttin des Kontinents besteht, zumindest in jener Eigenart, sich die hängenden Brüste über die Schultern zu werfen, wenn sie ihr bei ihrem Handwerk im Wege sind.

Manchmal erfüllt sie gar Wünsche und lässt den Betrachter über Leben und Tod eines Feindes entscheiden. Und um nochmals auf ihre Brüste zu sprechen zu kommen: Wer sich eine davon greifen und in den Mund stecken kann, um vorzutäuschen, er sei ihr Pflegekind, dem wird sie großzügig alle wissbegierigen Fragen beantworten, die das vermeintliche Familienmitglied stellen mag.

Daher fürchten und achten Sterbliche gleichsam diese düstere Prophetin aus der Anderswelt.

Und am Ende liegt es bei jedem Einzelnen selbst, ob man ihre Ankündigung des Unausweichlichen als Fluch oder Segen zu nehmen weiß.

***

If in the lonely wilderness of Scotland a wanderer comes across an old, buck toothed crone who blatantly grins at him while washing bloody grave-clothes in a stream, he should be prepared for impending doom. Because obviously he has just met the Bean-Nighe, the death-sprite (ban-sìth) of Gaelic folklore.
And that means the grim reaper’s scythe already soars above the unlucky witness’ clan.

The Irish Banshee (bean sídhe) is her kindred, but while she haunts the houseof the doomed one with wailing screams, the Bean-Nighe at best accompanies her eerie work by singing a mournful dirge.
She appears unabashed as a grotesque, malformed washerwoman with only one nostril, though her description varies slightly in the regions of Alba and its offshore isles.

It is said those death-messengers are the ghosts of yonder women, who died while giving birth, and like the continental Langtüttin she has the habit to throw her saggy breasts over her shoulder if they interfere with her trade.

Sometimes she grants wishes and offers a decision over life and death of one’s enemies.
And speaking of breasts: if you can grab one of those and put it in your mouth, pretending to be her foster-child, she will generously answer every question her alleged kin may ask.

That’s why mortals fear and honour this eldritch prophetess from the otherworld at the same time.

And in the end, it is everyone’s own decision if her proclamation of the inevitable is to be considered curse or blessing.

ad comitatum

Wikipedia (deutsch)

Wikipedia (english)

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